Fehler bei der Öffentlichkeitsarbeit

Hört auf, zu klagen!

Was man in der Öffentlichkeitsarbeit vermeiden sollte!

Macht euer Chor auch diesen Fehler bei der Öffentlichkeitsarbeit?
In der Presse kann man es immer wieder lesen: Die Chöre in Deutschland sterben aus. Die Jugend will nicht mehr singen. Und für den Vorstand findet man auch niemanden, weil sich niemand mehr bereit ist, sich langfristig zu engagieren.

Die Journalisten denken sich das allerdings nicht aus. Die Verantwortlichen in vielen Gesangvereinen schlagen diese Töne an. Vor allem von Vertretern vieler Traditionschöre hört man es bei jeder sich bietenden Gelegenheit: Der eigene Chor sei kaum noch singfähig. Wenn man nicht schnell Nachwuchs fände, müsse man den Verein mit seiner über 100-jährigen Tradition auflösen.

Die Presse nimmt diese Klagen natürlich nur zu gerne auf. Immerhin gilt nach wie vor der Grundsatz: „Bad news are good news – schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten“. Und wenn ein „Kulturgut“ wie der Chorgesang ausstirbt, verkauft sich das natürlich doppelt gut.

Die Absicht der Vereinsverantwortlichen ist klar: Sie wollen Hilfe. Sie möchten wissen, was sie tun sollen, um ihre Vereine zu retten. Vielleicht wollen sie auch potentielle, noch unentschlossene Sängerinnen und Sänger motivieren, sich dem Chor anzuschließen, indem sie ihnen indirekt die Rolle des Retters anbieten.

Das sinkende Schiff

Aber mal ehrlich: Würden Sie einen Jahresvertrag in einem Fitnessstudio unterschreiben, dessen Betreiber ihnen sagt, dass er sein Studio in drei Monaten schließen muss, wenn er nicht schnell 15 neue Kunden findet? Wohl eher nicht!

Wir sollten auch darüber nachdenken, welche Auswirkungen solche Äußerungen auf die Sängerinnen und Sänger in den Chören hat. Was lösen die Klagen bei denjenigen aus, die Woche für Woche in die Proben gehen? Was denken diejenigen, die ihre Zeit in Auftritte oder ihre Energie in die Vorstandsarbeit investieren? Wird es sie motivieren, sich weiter für den Verein einzusetzen, wenn sie ständig vom drohenden Untergang ihres Chores hören?

Sie sind es doch, die den Verein überhaupt am Leben erhalten. Entsprechend sollte man ihnen auch in der Öffentlichkeit seine Wertschätzung zeigen. Wir sollten bei der Öffentlichkeitsarbeit nicht den Fehler machen, die Probleme in den Vordergrund zu stellen. Besser sollten wir die tollen Sängerinnen und Sängern im Chor loben und anderen anbieten, sich dieser besonderen Gemeinschaft anzuschließen.

Begeisterung statt Fatalismus

Wenn wir Werbung für das Singen im Chor machen, wenn wir neue Sängerinnen und Sänger für unsere Chöre gewinnen wollen, dann müssen wir positive Botschaften vermitteln. Wir wollen die Menschen doch für unser Hobby begeistern. Immerhin ist das Singen im Chor etwas Schönes. Es ist eine angenehme Freizeitgestaltung, mit vielen positiven Facetten. Und das meist zu einem Bruchteil der Kosten, die man für andere Hobbys aufbringen muss.

Für die Mitgliedschaft im Fitnessstudio oder im Sportverein bezahlt man im Monat oft mehr als in manchen Gesangvereinen im ganzen Jahr.

Daher sollten wir bei der Werbung für unser Hobby seine positiven Seiten in den Mittelpunkt stellen. Zeigen wir, wie viel Spaß das Singen im Chor macht und wie gut man dort neue Leute kennenlernt. In manchen Chören sollen Menschen schon den Partner oder die Partnerin fürs Leben gefunden haben.

Keinesfalls sollten wir in der Öffentlichkeit über die Eigenheiten des Chorleiters und die mangelnde Disziplin der anderen Chormitglieder schimpfen. Und niemals sollten wir darüber klagen, wie verzweifelt die Situation in unserem Chor ist. Niemand steigt freiwillig auf ein sinkendes Schiff.

Singt die Jugend?

Es ist auch nicht wirklich so, dass junge Menschen kein Interesse am Chorgesang haben.

Ja, es gibt Chöre mit Schwierigkeiten. Es gibt Chöre, die überaltern und keinen Nachwuchs finden. Und die Zahl der Sängerinnen und Sänger in den Gesangvereinen ist in den letzten Jahren zurückgegangen.

Gleichzeitig werden aber überall neue Chöre gegründet. Junge Menschen schließen sich zu informellen Gesangsgruppen zusammen. Und überall boomen die Mitsingformate wie das „Rudelsingen“ oder Veranstaltungen wie „YouSing“.

Tatsächlich gibt es auch Chöre und Gesangvereine, denen es gelingt, neue Mitglieder anzulocken und Nachwuchs zu binden. Es gibt sogar Chöre, die es sich leisten können, Bewerber abzulehnen oder Wartelisten für neue Sängerinnen und Sänger zu führen.

In solchen Chören hat man sich Gedanken über attraktive Angebote gemacht und in Qualität investiert. Niemals hat man sich auf ein „Weiter so!“ verlassen. Immer ist man den jungen Sängerinnen und Sängern, die den Verein in Zukunft am Leben erhalten sollen, ein Stück weit entgegen gekommen.

Vermeiden wir also diesen Fehler bei der Öffentlichkeitsarbeit und der Präsentation unserer Chöre. Lasst uns aufhören, darüber zu klagen, wie schlecht es manchen Chören geht. Lasst uns prüfen, was das Singen im Chor attraktiv macht und welche interessanten Angebote wir den jungen Sängerinnen und Sängern machen können. Und lassen Sie uns mit positiven Nachrichten für den Chorgesang werben.

(Dieser Text erschien ursprünglich in der Mitgliederzeitschrift aCHORd des Sängerkreises Offenbach, Ausgabe 1/2017)

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